Anfallsformen - Epilepsie Beratung
Epilepsie: Anfallsformen und Symptome
1. Generalisierter tonisch-klonischer Anfall (früher: Grand Mal)
Der generalisierte tonisch-klonische Anfall wird auch als großer Anfall bezeichnet. Er ist dadurch gekennzeichnet, dass die Funktionsstörung beide Gehirnhälften betrifft und es dadurch zu plötzlichem Bewusstseinsverlust kommt. Die Haltungskontrolle geht verloren. Das kann zum Sturz führen, wodurch es häufiger zu Verletzungen kommt. Heftigkeit und Dramatik bestimmen diese Anfallsart. Der Anfall beendet sich in der Regel von selbst.
Der Verlauf gliedert sich in drei Phasen mit folgenden Symptomen:
Tonische Phase: Anspannungsphase
- Dauer: 10 bis 20 Sekunden, bis zu 1 Minute
- Bewusstseinsverlust
- Versteifen des ganzen Körpers
- Sturz, teilweise mit Verletzung verbunden
Klonische Phase: eigentliche Krampfphase
- Dauer: bis zu 2 Minuten
- heftiges Krampfen und Zucken der Körpermuskulatur
- vorübergehende Atemstörung
- teilweise Blaufärbung des Gesichts
- manchmal Speichelfluss mit Schaumbildung
- teilweise Zungenbiss
- teilweise Einnässen
Nachphase: Erschlaffungsphase
- Dauer variabel, Minuten bis Stunden
- Wiedereinsetzen der Atmung
- Wiedererlangen des Bewusstseins
- Erschöpfungszustand, Nachschlaf
- teilweise Erregungszustand
- teilweise Kopfschmerz und Übelkeit, Harndrang
2. Absencen
Diese Anfallsart gehört ebenfalls zur Gruppe der generalisierten Anfälle.
Es handelt sich hier um sehr kurze epileptische Anfälle, bei denen es nicht zum Krampfen kommt. Kennzeichnend ist eine kurze „Abwesenheit“ mit fehlender Ansprechbarkeit und Erinnerungslücke (Amnesie). Die begonnene Tätigkeit wird für diesen Zeitraum unterbrochen und nach dem Anfall wieder weitergeführt.
Merkmale einer typischen Absence:
- Dauer bis zu 20 Sekunden
- Beginn und Ende sehr plötzlich
- Bewusstseinsverlust, aber keine Bewusstlosigkeit
- Außenwirkung: benommen oder verträumt sein
- keine Erinnerung an den Anfall
- Beginn der Erkrankung im Alter von 4 bis 20 Jahren
- Anfallszahl mehrmals täglich
3. Fokale Anfälle ohne Bewusstseinsbeeinträchtigung (früher: einfach fokaler Anfall)
Bei dieser Anfallsart kommt es nicht zu einem Bewusstseinsverlust. Es ist jeweils nur ein bestimmter Teil des Gehirns betroffen. Abhängig vom Ort der Störung kommt es zu bestimmten Ausprägungen des Anfalls.
Auren
Auch Auren sind einfache fokale Anfälle, die aber nur Betroffene selbst wahrnehmen können. Die Ausprägung hängt ebenfalls von der gestörten Gehirnregion ab.
Formen einfacher fokaler Anfälle:
- Motorische Anfälle
Störungen in der Motorik,
zum Beispiel Zucken der Muskulatur auf einer Körperseite
- Sensible Anfälle
zum Beispiel Kribbeln, Taubheits-, Kälte- oder Wärmegefühl in einzelnen Körperabschnitten
- Sensorische Anfälle
Störung von Sinnesempfindungen,
zum Beispiel verzerrtes Sehen, Töne oder Melodien hören, Veränderung im Riechen und Schmecken
- Vegetative Anfälle
Zum Beispiel Veränderung des Herzschlags, der Atmung, der Hautfarbe, Frösteln, Gänsehaut, Übelkeitsgefühl
- Psychische Anfälle
Angst oder auch Glücksgefühle, verändertes Körpergefühl, Déjà-vu-Erlebnis
4. Fokaler Anfall mit Bewusstseinsbeeinträchtigung (früher: komplex-fokaler Anfall)
Diese Anfälle betreffen ebenfalls nur einen bestimmten Teil des Gehirns. Allerdings besteht hier eine Bewusstseinsstörung. Auf Umstehende wirkt der Mensch oft lediglich etwas seltsam. Stürzen und auch Krampfen treten nicht auf. In dieser Zeit kann es zu Automatismen im Verhalten und im Sprechen kommen. Auch Dinge an einen anderen Platz stellen, sogar Herumlaufen ist möglich.
So finden sich diese Menschen nach dem Anfall manchmal an einem anderen Platz wieder und wissen nicht, wie sie dorthin gelangt sind. Die Betroffenen können sich nicht an den Anfall, an die Zeit davor und danach erinnern. Dies ist für die Betroffenen oft sehr belastend, da sie befürchten, sich in dieser Zeit selbst bloßzustellen. Zugleich können sie sich auch selbst in Gefahr bringen.
Merkmale:
- Erkrankungsbeginn in jedem Alter möglich, häufig zwischen 10 und 35 Jahren
- Dauer eine bis mehrere Minuten
- Der Beginn wird oft vom Betroffenen selbst bemerkt, Aura
- danach Bewusstseinsstörung
- oft starrer und abwesender Blick
- häufig Automatismen, Nesteln an der Kleidung, kauen, schmatzen
- sinnlose Handlungen, herumgehen, Dinge an einen anderen Platz legen
- keine Erinnerung an diese Zeit
- nur langsames Wiederaufklaren und Reorientierung